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„Die Bündelung hier ist genial“

Was braucht es, um dieses „geniale Netzwerk“ des ZWT am Laufen zu halten? Welche Rolle spielt es für eine dynamische Entwicklung wirklich? Eine Diskussion am Runden Tisch für das ZWT-Magazin.

Das Lexikon definiert Vernetzung als „Herstellen oder Erweitern von Beziehungen“ – soweit die Theorie. Aber was bedeutet die Vernetzung für Ihre tägliche Arbeit?
Bastian Rüther: Wir waren als Start-up ursprünglich nur zu viert. Da war vor allem der fachliche Austausch mit unseren Nachbarn im ZWT sehr angenehm. Mittlerweile ist unser Team deutlich größer, aber der Austausch darüber hinaus ist uns immer noch wichtig.

Lars-Peter Kamolz: Das vernetzte Arbeiten und Entwickeln wird in Zukunft noch stärker an Bedeutung gewinnen. Das Elfenbeinturmdenken ist vorbei! Vernetzung heißt aber keineswegs, rund um die Uhr zusammen zu sitzen. Es geht um die Möglichkeiten, sich auszutauschen. Und haben Sie mit Ihrem Standort hier im ZWT die Möglichkeiten, sich auszutauschen?

Martin Ellmerer: Für B. Braun Melsungen war die Vernetzungsmöglichkeit – vor allem mit Med Uni Graz und LKH-Univ. Klinikum Graz – der Hauptgrund für die Ansiedelung. Innerhalb des ZWT liegt es auf der Hand, dass sich die Unternehmen stark unterscheiden und dementsprechend auch gemeinsame Projekte nicht immer möglich sind. Aber gerade durch Vernetzung zwischen den angesiedelten Unternehmen und den damit verbundenen Gesprächen können sich Kooperationen und Projekte entwickeln. Der Kontakt mit MEON Medical Solutions und die Tatsache, dass diese Firma ebenfalls im ZWT angesiedelt ist, hat zu einer Kooperation geführt und uns bei unserem Projekt weitergeholfen.

Das ZWT hat sich in den letzten 5 Jahren, seit Eröffnung, überaus dynamisch entwickelt. War dieser Erfolg für Sie absehbar?
Anke Dettelbacher: Dem Projekt sind lange Planungen vorausgegangen, der Bedarf war definitiv da. Dass wir so explodieren und nun an Erweiterung denken, konnten wir nicht vorhersehen. Wir achten natürlich bei der Auswahl der Mieter darauf, dass sie thematisch zu uns und zum Umfeld passen. Inwiefern dann wirklich eine Vernetzung erfolgt, hat aber natürlich dann der Mieter selbst in der Hand. Die Auswirkungen auf das Umfeld, die Medical Science City Graz, sind zwar schwer messbar, sie sind aber auf jeden Fall positiv, wie man am Wachstum der Mieter und am Bekanntheitsgrad des ZWT innerhalb der Med Uni Graz sieht.

Und welche Rolle spielt dabei das Konkurrenzdenken – Mitbewerb aus dem eigenen Haus?
Ellmerer: Die Bereiche, in denen wir im ZWT arbeiten sind sehr speziell, weswegen eine unmittelbare Konkurrenz kaum spürbar ist. Aber Konkurrenz ist grundsätzlich etwas Stimulierendes. Außerdem ist es schön, wenn man sich gegenseitig austauschen und unterstützen kann.

Wie steht das ZWT im internationalen Vergleich?
Kamolz: Ähnliche Konstrukte gibt es etwa in den USA oder Israel, die Vernetzung zwischen Wissenschaft und Wirtschaft versucht man vielerorts zu fördern. Das wirklich Geniale hier – und das ist international eine immens wichtige Visitenkarte, auch was die Ansiedelung von Forschern und Unternehmen betrifft – ist die Bündelung. Diese extreme räumliche Nähe zur Med Uni Graz und zum LKH-Univ. Klinikum Graz – ich gehe über die Straße und bin da, das macht das Ganze wirklich einzigartig. Und wichtig ist natürlich auch, dass die dahinter stehenden Personen die Vernetzung leben.

Gelebte Vernetzung – was versteht man konkret darunter?
Thomas Mrak: Wir stellen Kontakte her, organisieren Veranstaltungen und gehen dabei individuell auf den jeweiligen Mieter ein. Immerhin hat jeder andere Anforderungen. Und es geht dabei nicht nur um die Nähe zur Forschung und die Infrastruktur. Auch bei Finanzierungen, Vertrieb oder Geschäftsmodellentwicklung bieten wir Unterstützung. Genauso wie wir es unter den Unternehmen fördern, greifen auch wir selbst auf ein Netzwerk zurück: etwa über den Cluster Human.technology Styria, der im ZWT angesiedelt ist, den Science Park Graz und die Netzwerke der SFG und der Med Uni Graz.

Rüther: Die Entwicklung einer Life-Science-Innovation ist ein dynamischer Prozess, da hat man in jeder Phase andere Anforderungen. Ganz unkompliziert konnten wir bislang auch unsere räumlichen Veränderungen abwickeln, wir sind ja stark gewachsen in den letzten Jahren.

Die Vision für die Zukunft geht noch stärker hin zur Medical Science City Graz als gemeinsames Dach über ZWT, Med Uni Graz und LKH-Univ. Klinikum Graz. Sehen Sie sich als Teil davon?
Ellmerer: Ich habe selbst lange an der Med Uni Graz gearbeitet, da war die engere Vernetzung mit dem LKH-Univ. Klinikum Graz und Firmenansiedelungen schon immer eine große Vision. Umso mehr freut es mich, dass ich selbst nun als Standortleiter von B. Braun Melsungen im ZWT als Unternehmensvertreter Teil davon bin.

Rüther: Man spürt die Vision, dass immer mehr Vernetzung betrieben wird und dass alles näher zusammenrückt.

Kamolz: Natürlich ist jeder Einzelne mit seinen individuellen Stärken wichtig, aber nur die Bündelung, die wir mit der Medical Science City Graz vor Ort haben, bietet uns auch die große Chance, gemeinsam auf der internationalen Bühne aufzutreten und deutlich an Strahlkraft zu gewinnen.

Über die Gesprächsteilnehmer:

  • Anke Dettelbacher und Thomas Mrak sind Geschäftsführer des Zentrums für Wissens- und Technologietransfer in der Medizin (ZWT).
  • Martin Ellmerer leitet den Grazer Standort von B. Braun Melsungen, an dem eine innovative Sensortechnologie für den medizinischen Einsatz entwickelt wird.
  • Bastian Rüther hat die Geschäftsführung von Carbomed Mit „breathe ilo“ hat das Start-up das erste Gerät erfunden, das die fruchtbaren Tage der Frau über CO2 messen kann.
  • Lars-Peter Kamolz leitet COREMED – Zentrum für Regenerative Medizin (ein Zentrum an der Schnittstelle zwischen JOANNEUM RESEARCH und Med Uni Graz) und engagiert sich international für die Vernetzung der Life-Science-Branche.

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