Mehr unternehmerisches Denken in der Gesellschaft wünscht sich Science-Park-Geschäftsführer Martin Mössler. © Science Park/Luef
Eine hohe Anzahl an Gründungen macht noch keine unternehmerische Gesellschaft aus. Für eine solche brauche es eine andere Geisteshaltung, ist Martin Mössler überzeugt. Wie man diese fördern könnte und welche Rolle der Science Park Graz im „Innovationsökosystem“ spielt, beschreibt der Geschäftsführer des Inkubators im Interview.
Worin liegt der Schwerpunkt des Science Park Graz und wie unterscheiden Sie sich von anderen Inkubatoren?
Martin Mössler: Der Science Park Graz ist der zentrale Start-up-Inkubator von TU Graz, Med Uni Graz und Karl-Franzens-Universität. Dass 3 Universitäten einen gemeinsamen Inkubator in dieser Form betreiben, ist österreichweit einzigartig. Wir sind darüber hinaus der älteste Inkubator Österreichs (seit 2002) und mit derzeit 57 Start-ups auch der größte. Unsere Aufgabe ist es, Forschung in reale Arbeitsplätze bzw. Start-ups zu übersetzen. Und zusätzlich fördern wir als Partner der der European Space Agency (ESA BIC Austria) Technologietransfer aus der Raumfahrt in andere Wirtschaftsbereiche.
Dabei sehen Sie den Science Park gewissermaßen auch selbst als Start-up …
Mössler: Zumindest was den Leistungsanspruch angeht, ja. Das heißt, dass wir uns – ähnlich wie ein Start-up – permanent an die Gegebenheiten des Marktes anpassen. Dazu zählt auch, dass wir nicht nur regionale Benchmarks erfüllen, sondern internationale Effekte erzielen wollen. Wir forcieren unsere Kooperation mit der Weltraumagentur ESA, sind aber auch immer stärker in Südosteuropa aktiv. Dort gibt es großes Innovationspotenzial, da der Ausbildungsgrad in bestimmten Alterskohorten hoch ist, die wirtschaftlichen Rahmenbedingungen eine Expansion aber schwierig machen. Dieser Umstand, die Forschungsaktivitäten sowie des innovative Umfeld machen die Steiermark als Standort für internationale Gründungen insbesondere für innovative südosteuropäische Start-ups attraktiv.
Richtet sich Ihr Angebot auch an Start-ups, die nicht (mehr) in Ihrem Programmen sind?
Mössler: Wir haben einen Alumni-Club, über den die Vernetzung aufrecht gehalten wird. Auch die Qualizyme GmbH, mittlerweile Mieterin im ZWT, ist ein Alumni von uns. Wir haben bis zu 1.000 Bewerbungen pro Jahr, von denen wir nur bis zu 5 Prozent aufnehmen – der Auswahlprozess ist also sehr streng. Mit jenen Firmen, die wir dann wirklich aufnehmen, besteht die Verbindung deshalb dann aber in den allermeisten Fällen lange über die Zeit bei uns hinaus. Der Schwerpunkt unserer Arbeit liegt aber natürlich bei jenen Start-ups, die aktuell in unserem Programm sind – und sehen uns als Teil der Innovationsökosystems in der Steiermark. Das ZWT ist für uns dabei ein wichtiger Partner.
Wie könnte man Innovationen bzw. das Entrepreneurship in der Steiermark noch weiter fördern?
Mössler: In unserer Start-up-Landschaft sieht man den starken Bezug zur Forschungslandschaft und hier sind wir sehr gut unterwegs. Potenzial sehe ich noch beim unternehmerischen Denken in der Gesellschaft. Sie ist die Basis für exzellente Forschung und Entwicklung, die wiederum Grundlage für die Entwicklung erfolgreicher Start-ups ist. Ich wünsche mir eine von Vision und Umsetzungskraft getriebene Gründungskohorte, basierend auf einem von Neugierde und Forschergeist geprägten Bildungssystem. Insgesamt sollten wir aber weniger von Start-up-Gründungen sprechen, sondern von einer unternehmerischen Gesellschaft, von unternehmerischen Universitäten und unternehmerischen Schulen. Nicht umsonst sind die besten Angestellten jene Menschen, die sich nicht als Angestellte empfinden, sondern selbstständig denken und selbstaffirmativ arbeiten. Und wenn ich mit so einer Haltung Kinder erziehe, wird der Anteil der Unternehmer in Zukunft auch rasch steigen – so entsteht eine unternehmerische Gesellschaft. Eine solche erkennt man nämlich nicht nur an der Anzahl der Gründungen.
Wie sehen Sie Graz bzw. die Steiermark hier im Vergleich zu anderen Ländern? Gibt es Best Practice Beispiele auf internationaler Ebene, von denen wir lernen könnten?
Mössler: Aus meiner Sicht ist es wenig erstrebenswert, bestehende Standortkonzepte zu duplizieren. Aus unseren Überlegungen heraus muss es das Ziel sein, die eigenen Stärken berücksichtigend, sich den Parametern der jeweils führenden internationalen Standorte individuell anzunähern. Es gibt kein Patentrezept, sondern lediglich den internationalen Wettbewerb, den wir als Mittel zum Wachstum nutzen müssen.